BRIEF AN
DEN FRAKTIONSVORSTAND DER GRÜNEN BUNDESTAGSFRAKTION
UND
DEN GRÜNEN BUNDESVORSTAND
Für eine Wende in der GRÜNEN Afghanistan-Politik!
Liebe Freundinnen und Freunde
aus dem Fraktionsvorstand der GRÜNEN Bundestagsfraktion
und aus dem GRÜNEN Bundesvorstand,
gerade hat der UN-Sicherheitsrat den von der NATO durchgeführten
Afghanistan-Einsatz bis Oktober 2011 verlängert.
Entsprechend muss sich auch diesen Herbst wieder der Deutsche
Bundestag mit dem entsprechenden Bundeswehr-Mandat beschäftigen.
Aus diesem Anlass wenden wir uns an Euch.
Die GRÜNEN Bundestagsabgeordneten möchten wir
dringend auffordern, bei der nächsten Bundestagsabstimmung
geschlossen gegen eine Verlängerung des Bundeswehreinsatzes
zu stimmen, als Signal und Beitrag, den Rückzug aller
westlichen Truppen aus Afghanistan herbeizuführen.
Der Streit um den Afghanistan-Krieg begleitet uns als
GRÜNE Partei seit 2001. Unseren Parteitag in Rostock
2001 prägten Bilder des Einmarsches der siegreichen
US-amerikanischen Truppen und der mit ihnen verbündeten
afghanischen Nordallianz-Truppen in Kabul. Der Regime
Change schien vollbracht. Mit großer Mehrheit wurde
eine Unterstützung des Krieges beschlossen. Zehn
Jahre Krieg – das erwarteten die Wenigsten.
Damals erwarteten Viele einen „Neuanfang“
für Demokratie und Frauenrechte in Afghanistan, der
Kriegseinsatz wurde zur „humanitären Intervention“
verklärt. Heute räumt Minister zu Guttenberg
ein, bei dieser Argumentation handele sich nur um ein
Propagandamanöver, um bei einer auch 50 Jahre nach
dem 2. Weltkrieg kriegsmüden Bevölkerung Unterstützung
für einen Krieg zu gewinnen. Guttenberg am 12.2.2010
in einer Phönix-Sendung:, „Es sei selbstkritisch
(zu) sagen: Haben wir nicht Gründe nachgeschoben,
um in schwierigen Momenten auch mal eine Anerkennung unserer
Bevölkerung zu bekommen? Natürlich ist es unbestreitbar
wichtig, dass man Kindern hilft, dass man Frauen hilft
in ihren Rechten und all jenen. … Aber das waren
Gründe, die nachgeschoben wurden.“
2009 berichtete die „tagesschau“ von den ersten
offensiven Militäroperationen einer deutschen Armee
seit dem 2. Weltkrieg (in 2007): „Und es ging zur
Sache bei der "Operation Harekate Yolo" unter
Kommando des deutschen Generals Warnecke. Es war die erste
Militäroffensive unter deutschem Kommando seit dem
Zweiten Weltkrieg. Mehr als ein Dutzend Taliban wurde
getötet“ . Geheime deutsche Truppen machen
„Jagd auf Taliban“. Und seit September 2009
gibt es mit der Bombardierung bei Kunduz auch schon die
ersten Massaker.
Und die GRÜNEN? Für die Meisten ist die Sache
klar: der Militäreinsatz in Afghanistan muss weiter
gehen. Ein Abzug der deutschen Truppen wäre ein „vielfaches
Desaster. “
Unkritisch gegenüber der Regierung ist auch diese
Position nicht: wurde wirklich alles für den militärischen
Erfolg getan? Wurde das Potential der Taliban in Kunduz
richtig eingeschätzt? Müsste nicht mehr Polizei
eingesetzt werden – für die man angesichts
der Not in Afghanistan Personal günstig rekrutieren
könnte? Braucht man nicht mehr zivile Hilfe für
den militärischen Erfolg?
In diesem Sinne wird die Forderung nach einer „Evaluation“
des Krieges erhoben.
Liebe Freundinnen und Freunde, wir wollen nicht konstruktiv
über den Weg zum Sieg in diesem Krieg streiten.
Wir von der GRÜNEN FRIEDENSINITIATIVE haben in den
letzten 9 Jahren stets andere Positionen als die Führung
(und die Mehrheit der Partei) vertreten, wie es auch in
einem Briefwechsel vor dem Afghanistan-Parteitag 2007
zwischen Jürgen Trittin und uns deutlich wurde. (link..)
In den letzten Jahren haben wir stets taz-Anzeigen GRÜNER
Parteimitglieder initiiert, die gegen die jährliche
Mandatsverlängerung Front machten, mit wachsender
Unterzeichnerzahl. (link...)
Wir halten es für unzureichend, die Evaluierung
des Einsatzes als „politisches Kampfziel“
zu verfolgen. Es liegen genügend Informationen vor,
um hier und jetzt zu entscheiden. Wenn eine „Evaluierung“
als politische Gesichtswahrung einer Abzugsentscheidung
vorausgehen soll, bitte sehr. Allerdings sollten es nicht
gerade die GRÜNEN als Oppositionspartei sein, die
dieses Anliegen vortragen. Ein Positionswechsel bei den
GRÜNEN sollte doch ohne solch taktisches Geplänkel
möglich sein. Gefragt ist immer dringender Opposition
gegen den Afghanistan-Krieg - im Parlament und auf der
Straße. Während die GRÜNEN bei der Anti-AKW-Bewegung
oder bei Stuttgart21 mit demonstrieren, fehlt im friedenspolitischen
Bereich jegliches GRÜNE Engagement.
Worte und Taten: Über einen Abzug reden
– gleichzeitig immer mehr Militär, immer mehr
Tote, immer mehr Gewalt
2010 ist das Jahr, in dem der gigantische Truppenaufwuchs
des Westens in Afghanistan mit etwa 150.000 Soldaten einen
neuen Spitzenwert erreicht hat. Die NATO hat heute signifikant
mehr Soldaten in Afghanistan stationiert als die Sowjetunion
in den 80er Jahren! Gleichzeitig sterben so viele Soldaten
wie nie zuvor: in diesem Jahr (bis 15.10.10) sind bereits
591 westliche Soldaten gefallen, im Gesamtjahr 2009 waren
es 521. Im Zeitraum Januar bis September hat der Westen
2010 fast 50% mehr Soldaten verloren. Der Krieg ist so
blutig wie nie zuvor.
Gleichzeitig wird es zunehmend schwieriger, den Nachschub
zu gewährleisten, weil die Hauptrouten über
Pakistan immer unsicherer werden: Konvois werden angegriffen
und Tanklastzüge in Brand gesetzt. Inzwischen werden
über die Nordroute via Russland über Nordafghanistan
bereits 30% des Nachschubs transportiert. Entsprechend
hat die Region, in der die Bundeswehr hauptsächlich
eingesetzt ist, an militärstrategischer Bedeutung
gewonnen. Deswegen haben auch hier die Kampfhandlungen
zugenommen, nicht weil ein paar Taliban in den Norden
„ausgewichen“ sind. Die Bundeswehr führt
immer mehr Offensivoperationen durch und wird immer häufiger
von Aufständischen attackiert.
Diese für die NATO negative militärische Entwicklung,
die Kabul-Konferenz im Juli und die Veröffentlichung
der Ex-Geheimdokumente auf Wikileak, die das Ausmaß
der Gewalt auch in Norden Afghanistans dokumentieren,
sollten u.E. für die GRÜNEN Anlass genug sein,
die Position zu Afghanistan neu zu justieren und eine
klare eigene Abzugsperspektive zu benennen, inklusive
eines Datums, wann der Abzug abgeschlossen sein soll.
Unsere Position ist, dass solch ein Abzug innerhalb von
Monaten machbar ist. Voraussetzung ist der politische
Wille, der die entsprechende Logistik in Gang setzen müsste.
Doch von einem Abzug wollen die meisten GRÜNEN nichts
wissen: die aktuelle GRÜNE Position, die einen solchen
Abzug als einen „Brandbeschleuniger sondergleichen“
verteufelt, halten wir für falsch.
Während der Krieg so blutig ist wie nie zuvor, erleben
wir gleichzeitig Diskurse der „Beruhigung“.
Das Ende des Krieges scheint bevor zu stehen, der Abzug
nur eine Frage der Zeit. Wer in der Geschichte der Kriege
und der Kriegspropaganda blättert, wird zahlreiche
Beispiele für ein ähnliches Muster finden: „noch
eine Schlacht, noch eine Kraftanstrengung, dann ist der
Krieg vorbei,“ so oder ähnlich wurde immer
wieder versucht, eine kriegsmüde Bevölkerung
bei den Waffen zu halten. (Im Kontrast dazu wurde noch
vor wenigen Jahren, als der „Einsatz“ in Afghanistan
noch nicht das Etikett Krieg tragen durfte, die Verweildauer
eher in Jahrzehnten angegeben).
So scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis die
USA aus Afghanistan abziehen. Hat nicht US Präsident
Obama erklärt, dass 2011 mit dem Abzug begonnen werden
soll?
Was solche Pläne für Übergabejahr und
Abschluss des Abzuges bedeuten, zeigt ein Blick auf den
Irak: sie bedeuten keineswegs, dass der Militäreinsatz
dann beendet ist. Dort stehen nach dem „Abzug“
immer noch fast 50.000 US-Soldaten…
2011 – Jahr des Abzugs?
Aber 2011 soll ja auch gar nicht das Jahr des Abzugs
sein, sondern er soll nur „beginnen“. Manch
eine/r mag auch der Meinung sein, dass sich der Bundeswehreinsatz
automatisch erledigt, wenn die USA ab 2011 in kurzer Zeit
ihre Truppen abziehen und die Bundeswehr dann auch zeitgleich
das Land verlässt. Wir halten jedoch den US-Abzug
für keinen Selbstgänger. ISAF-Chef Petraeus
relativierte unlängst: „Es sei zum jetzigen
Zeitpunkt viel zu früh, um abschätzen zu können,
wann der Krieg endgültig zum Erfolg führen werde…
Der Termin für den Abzugsbeginn… im Juli 2011
sei … nicht in Stein gemeißelt.“ Und
nach der absehbaren Wahlschlappe für die US-Demokraten
im November 2010 wird das aktuell gehandelte Datum für
den Abzugsbeginn (Juli 2011) wohl auch ganz offiziell
kassiert werden, so wie es die militärische Führung
eben bereits jetzt verlangt.
Was von dem Perspektiven des „Übergabejahres“
2014 zu halten ist, mag eine GRÜNE Wortmeldung aus
dem Jahre 2006 verdeutlichen: „Die USA wollen ihr
Militär bis 2010 aus Afghanistan abziehen können
und powern deshalb gigantisch in den Polizeiaufbau: nach
200 Mio. US-$ in 2005 in diesem Jahr 1,6 Milliarden, Tendenz
weiter steigend.“
Inzwischen haben wir das Jahr 2010, und in Afghanistan
kämpfen mehr US-Truppen denn je.
Auch ein von dem Londoner International Institute for
Strategic Studies ins Gespräch gebrachtes Rückzugsmodell
beinhaltet eine jahre-, wenn nicht jahrzehntelange Verweildauer
westlicher Truppen in Kabul und Nordafghanistan, also
genau im Einsatzgebiet der Bundeswehr. Deswegen beinhaltet
auch die optimistischste westliche Perspektive, dass die
Bundeswehr auch nach der „Übergabe“ in
Afghanistan gemeinsam mit US-Truppen stationiert bleibt.
Deshalb ist es auch kein Zufall, dass zwar – meist
im Zusammenhang mit Truppenerhöhungen – von
einem baldigen Beginn eines Abzugs gesprochen wird, allerdings
nie von einem Datum für das tatsächliche Ende
des Abzugs. Die Bundesregierung ist bisher nicht gewillt,
sich auf ein Enddatum festzulegen – genauso wenig
wie die NATO insgesamt. Der Westen will seine Truppen
nicht zurückziehen, ohne „gewonnen zu haben“.
Deswegen wird kein Enddatum verkündet, wann alle
Truppen abgezogen sein sollen. Die Position des Westens
ist also nach wie vor, dass die Stationierung der eigenen
Truppen in Afghanistan zeitlich unbegrenzt ist. Minister
Guttenberg drückt die Position so aus: „Wir
müssen ein Mindestmaß an Stabilität herstellen.
Wenn das erreicht ist, kann man mit einem Abzug beginnen,
aber man sollte keine Enddaten für einen Abzug setzen,
das wäre verheerend und dumm.“
Doch wie sieht das Ziel aus, das man beim Abzug in Afghanistan
erreichen will – oder umgekehrt, für welches
Ziel soll gekämpft und gestorben werden?
Jürgen Trittin hat es im August auf den Punkt gebracht,
indem er auf die Verständigungsbemühungen des
Karzai-Regimes mit den Bürgerkriegsgegnern Mullah
Omar (Taliban) und Warlord Hekmatyar verwiesen hat, die
„von der internationalen Gemeinschaft inklusive
der Bundesregierung geteilt“ würden. Diese
gipfelten in der Forderung, die beiden genannten Herren
von der US-Terrorliste zu nehmen. Jürgen Trittins
illusionslose Einschätzung: „Was am Ende des
Prozesses bestenfalls stehen wird, ist ein Kompromiss
und eine Machtteilung mit jenen Kräften, von denen
ein früherer US-Präsident mal gesagt hat, sie
seien das Böse schlechthin, das vernichtet werden
müsse. Und Mullah Omar und Gulbuddin Hekmatyar stehen
ja immer noch auf der Terrorliste der UN. Aber ich bin
mir ziemlich sicher, dass sie über kurz oder lang
in Afghanistan in Form einer Machtteilung mit der jetzigen
Regierung beteiligt werden müssen.“ Wenn die
„Übergabe der Verantwortung“ in einer
Koalition von Karzai mit den Taliban und den Warlord-All-Stars
mündet, sind wir gespannt, wie der staunenden Öffentlichkeit
und auch den Soldaten, die täglich ihr Leben riskieren,
erklärt wird, dass für dieses politische Ergebnis
viele Jahre Krieg nötig waren.
Die GRÜNE Positionierung
Wie sieht die GRÜNE Positionierung zu Afghanistan
aktuell aus? Bis heute wird der ISAF-Einsatz der NATO
von den GRÜNEN unterstützt. Der letzte Parteitag
in Rostock hat diese Position, die von der GRÜNEN
Bundestagsfraktion mehrheitlich vertreten wird, einmal
mehr bestätigt. Im Beschluss der Göttinger Sonder-BDK
2007 war immerhin von einem 5-Jahresplan die Rede; daraus
hatte man mit Wohlwollen ein Abzugsdatum bis Ende 2012
herauslesen können. Aber für dieses Datum konnte
sich die Rostocker BDK 2009 nicht mehr erwärmen,
sondern ließ das Enddatum komplett offen.
Am Punkt „Abzugsdatum“ unterscheidet sich
die GRÜNE Position in keiner Weise von der der Bundesregierung
und der NATO. Das hindert jedoch niemanden daran über
Abzugspläne zu reden.
In seiner Erklärung zur Kabul-Konferenz schreibt
Jürgen Trittin: „Die Bundesregierung hat bis
heute keinen konkreten Abzugsplan für die Streitkräfte
bis 2014 vorgelegt, anders als unsere europäischen
Partner Polen und die Niederlande. Die einen ziehen 2012
ab, die anderen schon 2011.“
Ähnlich Claudia Roth: „… die Bundesregierung
schweigt zur konkreten Umsetzung ihrer Abzugsperspektive
bis 2014… Bis heute fehlen ein konkreter Zeitplan
und klar definierte Zwischenschritte für die Übergabe
der neun Provinzen im Norden des Landes in afghanische
Verantwortung. Ohne einen solchen Plan, der plausibel
die Übergabestrategie skizziert und flankiert wird
von größeren Anstrengungen bei der Ausbildung
von afghanischen Soldaten und Polizeikräften, fehlt
der Absichtserklärung von Kabul die notwendige Glaubwürdigkeit
und sie erscheint wie bloßes Wunschdenken.“
Verblüffend an diesen Kommentaren finden wir, dass
der Bundesregierung unterstellt wird, sie wolle die Bundeswehr
bis 2014 aus Afghanistan abziehen. Das ist ein Popanz,
eine solche Positionierung gibt es nicht, im Gegenteil.
Minister Guttenberg erklärt seit Monaten gebetsmühlenartig:
„… ich bleibe dabei: Es wäre ein Fehler,
sich auf ein Enddatum festzulegen.“ Die GRÜNE
Beschlusslage von Rostock lautet, dass „der schrittweise
Abzug der internationalen Truppen in die Wege geleitet“
werden soll und zwar „in der jetzt beginnenden Legislaturperiode
2009 bis 2013“ Und genau das wurde in Kabul beschlossen
und nichts Anderes vertritt die Bundesregierung.
Die Forderungen der GRÜNEN an die Bundesregierung
sind folglich eher lau. Man fordert von der Regierung
die Vorlage eines Plans, die Eröffnung einer Afghanistan-Diskussion
oder gelegentlich sogar eine Regierungserklärung
der Bundeskanzlerin.
Doch ein GRÜNER Plan, ein GRÜNER Beitrag zu
einer innenpolitischen Kontroverse – darauf kann
man wohl noch länger warten. So etwas ist offenbar
explizit nicht gewollt. Denn ein gemeinsamer Antrag mit
der SPD-Bundestagsfraktion vom 9.6.2010 fordert eine Evaluierung
des Afghanistan-Einsatzes seit 2001 . Dazu soll externer
wissenschaftlicher, unabhängiger Sachverstand zu
Rate gezogen werden. Begleitet würde das Projekt
von einer parlamentarischen Kommission. Der Clou, das
verstehen wir schon, ist nun: Solange keine Evaluierung
erfolgt, kann man selbst natürlich auch keine Pläne
und Vorschläge für ein finales Abzugsdatum machen.
Auf diese Weise kann man sich aktuell auf der Metaebene
streiten und kann leider, leider zum Abzugsdatum nicht
Stellung nehmen. Und genau das geht u.E. nicht an: Bitte
positioniert Euch endlich selbst und legt einen eigenen
Plan vor!
Die ständige Abgrenzeritis von der Bundesregierung
in der Afghanistan-Politik ist u.E. unehrlich. Die jetzige
Regierung macht natürlich wie jede andere handwerkliche
Fehler, in der Grundlinie bewegt sie sich jedoch in der
Kontinuität der rotgrünen Regierung, die bis
2005 wichtige Weichenstellungen in Afghanistan vornahm
(u.a. international für die Ausweitung der ISAF-Einsatzes
auf ganz Afghanistan sorgte). Die jetzige Regierung hat
z.B. keinesfalls die Mittel für zivile Hilfe in Afghanistan
gekürzt. 430 Mio. € sind erheblich mehr als
unter Rotgrün an ziviler Hilfe gewährt wurde.
Die GRÜNEN forderten 2007 noch in ihrem BDK-Beschluss,
die zivile Hilfe möge von 100 auf 200 Mio. €
erhöht werden!
Der Verzicht auf ein konkretes Abzugsdatum ist vermutlich
kein Zufall, denn Ihr verweist auf noch nicht erledigte
Aufgaben und Dilemmata. Jürgen Trittin schreibt:
„Die Absicht, der afghanischen Regierung die Verantwortung
für ihr Land übergeben zu wollen, reicht nicht.
Man sollte auch wissen, wann und wie das gehen soll, und
was man bis dahin noch zu erledigen hat.“ Claudia
Roth sieht „das Dilemma noch nicht gelöst,
wie mit den Vorstellungen der Taliban zu Menschenrechten
umgegangen werden soll. Eine Politik der ausgestreckten
Hand ist gegenüber den Taliban sicher notwendig,
doch nicht um den Preis der leichtfertigen Aufgabe menschenrechtlicher
Standards.“
Damit bewegt Ihr Euch in erstaunlicher Nähe zum
NATO-Generalsekretär Rasmussen. Dieser drohte in
Kabul mit Verwendung eben dieser ideologischen Begründung
die unbegrenzte Weiterführung des Krieges an: „Our
mission will end when – but only when – the
Afghans are able to maintain security on their own…
We will never allow the Taliban to overthrow the elected
Government by force… We will never support any attempt
to sacrifice the fundamental human rights enshrined in
the Afghan Constitution, including the rights of women.”
Wie der Zufall so will, ist beim NATO-Hearing der Bundestagsfraktion
der NATO-Generalsekretär als Key Note Speaker mit
von der Partie.
Wenn man Menschenrechte ernst nimmt, müsste ein
Antrag an die vor uns liegende BDK in Freiburg eine große
Mehrheit finden. Darin fordern Schmagold u.a.:
+ ein Aufnahme- / Asylprogramm in Afghanistan bzw. im
Norden des Landes durchzuführen, welches insbesondere
den durch einen Machtwechsel in Folge des Militärabzuges
bedrohten Menschen gilt (Übersetzer, Lehrerinnen
usw.),
+ auch die Menschen aufzunehmen, welche nicht mehr in
diesem Land leben möchten oder können, wenn
das Militär abzieht und die Macht neu verteilt wird.
Wir veröffentlichen diesen Brief parallel auf der
Website der GRÜNEN FRIEDENSINITIATIVE. Dort würde
natürlich auch Antworten von Euch veröffentlicht.
Mit besten Grüßen
Uli Cremer
Wilhelm Achelpöhler