Afghanistankrieg: Das Kleingedruckte bei den Abzugsbekundungen

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Von Uli Cremer und  Wilhelm Achelpöhler

 

Nach dem Lissaboner NATO-Gipfel haben sich die politischen Kräfte in Berlin mit dem Fortschrittsbericht
der Bundesregierung und den Reaktionen der Bundestagsfraktionen darauf für die Abstimmung über die Fortsetzung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan Ende Januar in Stellung gebracht.

 

Die neue Diskussion um den “Abzug” aus Afghanistan

Auch wenn der Bundestag Ende Januar 2011 wiedermit einer großen Mehrheit die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan beschließen wird – man könnte den Eindruckhaben, als gehe es nicht um eine Verlängerung des Einsatzes,vielmehr sei der Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan beschlosseneSache, ein Abzug, bei dem allenfalls noch Details zu klären seien.  Das neue Zauberwort heißt “Transition”, “Übergabe der Verantwortung an die Regierung Karzai.” Zum Beginn dieses Abzugs erklärte Außenminister
Westerwelle: “Ende 2011 werden wir unser Bundeswehrkontingent in Afghanistan erstmals reduzieren können. Wir werden jeden Spielraum nutzen, um damit so früh zu beginnen, wie es die Lage erlaubt, und es vor allem unsere verbliebenen Truppen nicht gefährdet.”

[1]

Das Kleingedruckte liest sich auf der
Website der Bundesregierung so: „Zum Ziel der Bundesregierung,
Ende 2011 erste Bundeswehr-Soldaten aus Afghanistan abzuziehen,
erklärte Merkel, dass die Lage dann auch so sein müsse,
das man dies verantworten könne.“

[2]

Genauso sieht das Verteidigungsminister
Guttenberg. Ein Abzug der Bundeswehr komme nur in Frage,
„wenn die Lage es erlaubt“, sagte Guttenberg dem
Spiegel. Nicht Jahreszahlen seien für ihn maßgeblich, so
Guttenberg: „Die Lage ist entscheidend.“

[3]

 

 

 

 

 

Zum Endtermin für den Bundeswehreinsatz erklärte
Westerwelle: “2014 wollen wir die Sicherheitsverantwortung
in vollem Umfang an die Afghanen übergeben. Dann sollen
keine deutschen Kampftruppen mehr am Hindukusch im Einsatz
sein. ”

[4]

Allerdings, so der Fortschrittsbericht der Bundesregierung,
„wird die afghanische Regierung die internationale Gemeinschaft
und damit möglicherweise Deutschland um die Unterstützung
durch Ausbildungskräfte und Schlüsselfähigkeiten der Bundeswehr…
auch über 2014 hinaus bitten.“

[5]

Bemerkenswert: während sich die deutsche Regierung
nicht auf den Beginn des Abzugs im Jahr 2011 festlegen will,
weil die Bedingungen dafür vielleicht noch nicht gegeben
sind, steht bereits heute fest, dass die „souveräne“ afghanische
Regierung in vier Jahren eine Fortsetzung des NATO-Einsatzes
fordern wird.

 

 

Kampftruppen abziehen und die nur noch Bundeswehreinheiten
zur “Stabilisierung und Ausbildung”? Nicht einmal das ist
in der Regierungskoalition Konsens: Ruprecht Polenz (CDU),
Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, stellte
klar: „Es ist in Ordnung, zeitliche Ziele für einen
Rückzug vorzugeben, aber man muss klarmachen, dass alles
davon abhängt, wie sich die militärische und die politische
Situation entwickeln.“ Falls sich die Lage bis 2014
nicht gebessert habe, müsse die Bundeswehr bleiben, so Polenz

[6]

. Präsident Karzai jedenfalls hatte auf
der Afghanistan-Konferenz in London im Januar 2010 erklärt,
die afghanische Regierung sei im Bezug auf Streitkräfte
und Polizei absehbar noch so schwach, dass “die Zeit bis
zum Abzug der internationalen Truppen noch auf zehn bis
15 Jahre zu veranschlagen”

[7]

sei.
Übersetzt heißt das also im besten Fall, dass sich
die NATO-Truppen nach Vorstellung des Bundesregierung 2014
genauso „zurückziehen“ wollen, wie die US-Truppen
2010 aus dem Irak; dort sind „nach dem Abzug der Kampftruppen“
noch 50.000 (!) Soldaten stationiert. Vielleicht kommt es
aber nicht einmal dazu.

 

 

 

 

Und die Opposition?

 

 

 

 

 

Die SPD hatte im Dezember eine Afghanistankonferenz
veranstaltet und macht den Beginn des Abzugs im Jahre 2011
zu einer Bedingung für eine Zustimmung zum Bundeswehrmandat
2011. Ansonsten ist das Ende offen. Die SPD betont in ihrem
Positionspapier

[8]

die Übereinstimmung mit der NATO: “Die
Ankündigung der NATO, bereits Anfang 2011 zu beginnen, steht
und darf nicht in Frage gestellt werden… Der amerikanische
Präsident hat erklärt, mit dem Rückzug der US-Truppen Mitte
2011 beginnen zu wollen. Dies muss auch Richtschnur für
den Beginn der Reduzierung des deutschen ISAF-Kontingents
sein.” Worte, die sich sowohl an die Bundesregierung richten
als auch an die KriegsgegnerInnen in der eigenen Partei,
wie den Ministerpräsidenten Erwin Sellering und die Parteivize
Manuela Schwesig aus Mecklenburg-Vorpommern, die einen „schnellstmöglichen
Abzug der Bundeswehr“ fordern. “2014 als Enddatum für
den Abzug sei viel zu spät”, erklärte der SPD-Ministerpräsident

[9]

. Ganz vorbehaltslos ist auch die SPD-Forderung
nach dem Abzug nicht. Vorsichtig formuliert man: ”Die aktuelle
Lage sollte es erlauben, auch in der Nordregion erste Distrikte
schon Anfang 2011 an die Afghanen zu übergeben.” Da sind
noch ein paar Hintertürchen offen, zumal nicht eine deutsche
Oppositionspartei die „Lage“ definiert, sondern die US-Regierung
bzw. die NATO (und darüber noch die deutsche Regierung).
Und für 2014 ist nur noch von einer “Beendigung des Bundeswehr-Einsatzes
im Rahmen des ISAF-Mandates” die Rede, was einen Einsatz
auf der Grundlage eines anderen Mandats nicht ausschließt.

 

 

 

 

 

Auch für die GRÜNEN ist die jeweilige Beschlusslage
der NATO offenbar Grenze der politischen Fantasie, mit bisweilen
grotesken Konsequenzen. Zunächst entspricht der Abzugsplan
der Bundesregierung geradezu den Maximalforderungen der
GRÜNEN Partei. Diese hatte auf ihrer BDK in Rostock 2009
beschlossen: „Unser Ziel ist es, dass im Jahr 2010 zügig
ein verbindlicher und gemeinsamer internationaler Plan zur
Übergabe der vollständigen Verantwortung an die afghanischen
Partner mit konkreten Zwischenzielen entwickelt wird.“ Eine
“Forderung” der kleinsten Oppositionspartei, mit der sie
bei der NATO offene Türen einrannte: bei der Afghanistankonferenz
in London im Januar 2010 und der Folgekonferenz in Kabul
im Juli wurde das Konzept auf den Weg gebracht wurde, bei
der sich die NATO sogar auf eine Übergabe der Sicherheitsverantwortung
im Jahr 2014 an die afghanische Regierung festlegte

[10]

. Solange ein solches Datum nicht von
der NATO festgelegt war, verboten sich für die GRÜNEN alle
weitergehenden Forderungen. Sie hatten geflissentlich vermieden,
ein eigenes Abzugsdatum festzulegen und entsprechende Anträge
auf BDKs mit großen Mehrheiten zurückgewiesen. Mit einem
Abzugsbeginn bis spätestens 2013 war man noch im Herbst
2009 vollauf zufrieden: „Im Rahmen einer zivilen Aufbauoffensive
muss aber auch der schrittweise Abzug der internationalen
Truppen in die Wege geleitet werden. Dies wollen wir in
der jetzt beginnenden Legislaturperiode 2009 bis 2013 tun.“

[11]

Wann der Abzug beendet sein könnte, wurde
nicht verraten. Ein Antrag des KV Börde an die BDK in Freiburg
(November 2010), der einen (vollständigen) Abzug bis 2012
forderte, wurde gar nicht erst befasst und an den Parteirat
verwiesen.

 

 

 

 

Als die NATO im November in Lissabon bereits
das Jahr 2011 für den Abzugsbeginn und das Jahr 2014 für
das „Abzugsende“ beschloss, hatte sie die GRÜNEN politisch
links überholt und in eine ungemütliche Lage manövriert.
Bevor das öffentlich wahrgenommen wurde, richtete MdB Frithjof
Schmidt die GRÜNE Afghanistan-Position neu aus und wendete
so medialen Schaden von der Partei ab. Wie selbstverständlich
forderte er nun den Abzug der Bundeswehr bis 2014, und zwar
ohne Hintertürchen. Das erste Mal nannte ein GRÜNER Spitzenpolitiker
ein Enddatum für die deutsche Beteiligung am Afghanistankrieg.
Doch was dem Außenminister Westerwelle sein Verteidigungsminister
Guttenberg ist dem außenpolitischen Sprecher der grünen
Bundestagsfraktion Frithjof Schmidt der verteidigungspolitische
Sprecher der Fraktion Omid Nouripour. Der erklärte der taz:
„Ein Komplettabzug bis 2014 wäre wünschenswert, wer
das aber zu stark proklamiert, läuft Gefahr, es nicht einhalten
zu können“. Der Beginn des Abzugs sei dagegen jetzt
schon möglich und sinnvoll, „auch als Zeichen an die
Afghanen, dass Anstrengungen auf beiden Seiten nötig sind“

[12]

.  Und der Leserschaft des Spiegel, die offenbar
Härteres verträgt, erläuterte Nouripour: ”Man kann jetzt
noch kein definitives Enddatum für den Abzug nennen. Wir
müssen alles daransetzen, 2014 rauszukönnen, aber wir wissen
jetzt noch nicht, ob das dann zu verantworten wäre.

[13]

“ Immerhin sprang die Parteivorsitzende
Claudia Roth ihrem Außenpolitiker Frithjof Schmidt zur Seite:
“Wir fordern eine nachvollziehbare, in genau beschriebene
Etappen eingeteilte Abzugsperspektive, die 2011 beginnt
und 2014 endet

[14]

 

 

 

 

In einem sind sich bei aller Diskussion um den
Abzug aber alle  –
bis auf die Partei Die Linke  –
einig: Erst einmal muss der Krieg in Afghanistan noch vier
Jahre weitergehen.

 

 

 

 

Die Debatte um den “Abzug” ist gleichwohl eine
bemerkenswerte Verschiebung in der öffentlichen Debatte.
Als Ende 2006 einige GRÜNE auf dem Parteitag in Köln ganz
vorsichtig nach einer “Exit-Strategie” verlangten, gab es
heftigen Gegenwind und eine Abstimmungsniederlage. Schon
die Forderung nach einer “Exit-Strategie” sei ein ganz falsches
Signal: “Vorstandmitglieder wie Trittin, Claudia Roth und
Fritz Kuhn wandten sich flammenden Appellen an die Delegierten:
Es dürfe nicht das Signal an die Menschen in Afghanistan
gesendet werden, sie würden im Stich gelassen.

[15]

”  Beschlossen wurde: “Wir wollen keinen Abzug
aus Afghanistan einleiten, weil wir auch in der gegenwärtigen
Situation für die Erreichung der Ziele des Engagements nach
wie vor Chancen sehen”

[16]

. Und einige Monate später wurde auf dem
Sonderparteitag in Göttingen festgestellt: “So lange zum
Aufbau von Polizei und Infrastrukturen noch eine militärische
Absicherung erforderlich ist und so lange diese nicht vom
afghanischen Militär bzw. der afghanischen Polizei gewährleistet
werden kann, so lange ist der Abzug der deutscher Bundeswehreinheiten
nicht vertretbar.

[17]

”

 

 

 

 

Galt 2006/07 schon die Diskussion um eine Exit-Strategie
als unerwünschtes Signal, so ist es heute umgekehrt: bis
hin zur Bundesregierung wird über “Exit” und Abzug gesprochen
und gleichzeitig erreicht die Zahl der westlichen Soldaten
neue Spitzenwerte. Man könnte fast meinen, wer heute für
die Fortsetzung des Kriegs eintritt, kommt nicht umhin,
dies in die schöne Rede vom Abzug zu kleiden.

 

 

 

 

NATO-Krieg in der
Krise

 

 

 

 

Die Diskussion um den Abzug ist auch Ausdruck
der Unzufriedenheit “der Politik” mit dem Krieg in Afghanistan.
Erfolge bleiben aus, stattdessen gibt es immer mehr Kosten
und Opfer (allein 2010 sind 711 westliche Soldaten gefallen,
36% mehr als 2009!

[18]

). Verbunden ist die neue Positionierung
mit einer realistischen Beurteilung der Lage in Afghanistan
selbst. So heißt es im Fortschrittsbericht der Bundesregierung:
“Die Sicherheitslage in Afghanistan verschlechterte sich
ab 2006 erheblich. Soldaten der Bundeswehr standen erstmals
im Gefecht; allzu oft waren auch in Deutschland Gefallene
zu beklagen. 2010 wurde zum verlustreichsten Jahr der internationalen
Militärpräsenz. … Die neue ISAF-Strategie, der Aufwuchs
an truppenstellenden Nationen und der ISAF-Truppenstärke
und die inzwischen Wirkung zeigende Ausbildung einsatzfähiger
afghanischer Sicherheitskräfte haben 2009 und 2010 die Voraussetzungen
dafür geschaffen, den Abwärtstrend zu stoppen.” Im Klartext:
es geht weiter abwärts, aber wir haben die Voraussetzungen
geschaffen, um diesen Trend irgendwann zu stoppen – bis
dahin geht es weiter abwärts.

 

 

 

 

Die Aufstockung der westlichen Truppen auf ca.
150.000 (plus „private Sicherheitskräfte“, also Söldner,
in ähnlicher Größenordnung) hat das militärische Blatt nicht
wenden können. Die Aufständischen konnten bisher nicht an
den Verhandlungstisch gezwungen werden. Im für den Nachschub
der NATO-Truppen strategisch wichtigen Norden Afghanistans
hat sich der Krieg deutlich intensiviert – mit Beteiligung
der Bundeswehr. Inzwischen wurde mit drei Panzerhaubitzen
schweres Gerät nach Kunduz geschafft, die Truppen sind beinahe
täglich in Gefechte verwickelt. Kanzlerin Merkel bemerkte
dazu bei ihrem Besuch in Afghanistan am 18.12.2010: „So
etwas kannten wir seit dem Zweiten Weltkrieg nicht. Wir
haben uns das von unseren Eltern und Großeltern erzählen
lassen.“

[19]

[Man beachte die Traditionslinie zu den
von Deutschland 1914 und 1939 begonnenen Angriffskriegen.]
Die New York Times fasst
die Lage im Bereich Kunduz so zusammen: “Although the numbers
of American and German troops in the north have more than
doubled since last year, insecurity has spread, the Taliban
are expanding their reach, and armed groups that purportedly
support the government are terrorizing local people and
hampering aid organizations, according to international
aid workers, Afghan government officials, local residents
and diplomats.

[20]

”

 

 

 

 

Afghanische Sicherheitskräfte

 

 

 

 

Dreh- und Angelpunkt aller NATO-Verkündigungen
zum Truppenabzug ist die Übertragung der Verantwortung auf
die afghanischen Sicherheitskräfte. Der Aufbau dieser hat
seit 2009 angeblich unglaublich Fahrt aufgenommen. Die von
der NATO aufgestellten Pläne seien übertroffen worden, heißt
es. So soll es Ende 2010 aussehen:

 

 

 

 

Tabelle 1: Aufwuchs der afghanischen Sicherheitskräfte

 

 

2009 (NATO-Zahl)  2010 (Zahlen gemäß Fortschrittsbericht)  Attrition Rate p.a. 

 

(Basis jeweils Gesamtzahl 2009)

 

Neu rekrutiert u. ausgebildet (errechnet) 
ANA (Armee der Zentralregierung)  93.980  150.000[21]

 

1,6% pro Monat 

 

= – 18.000

[22]

 

 

75.000 
ANP (Polizei der Zentralregierung)  96.800  113.000*  1,2% pro Monat 

 

= -14.000

[23]

 

 

30.000 

[Für September hatte die NATO die ANP-Zahl bereits
mit 120.500

[24]

angegeben, aber offensichtlich sind 7.500
Personen in den letzten Monaten wieder abhanden gekommen.]

 

 

 

 

Soweit die NATO-Zahlen. Hält man Zahlen des
gerade verstorbenen US-Afpak-Beauftragten Richard Holbrooke
dagegen, entpuppen sich die NATO-Zahlen als Propaganda.
Danach gab es Ende 2009 nur 80.000 Polizisten. Bleiben wir
aber der Einfachheit halber bei den 96.800 als Ausgangspunkt.
Nach Holbrooke verliert die ANP pro Jahr 25% ihrer Leute,
das wären 24.000. Um 2010 auf 113.000 zu kommen, hätten
also 40.000 neue Polizisten rekrutiert werden müssen. Da
die NATO-Staaten, so Holbrooke, außer Stande seien, überhaupt
24.000 (geschweige denn 40.000) zu rekrutieren und auszubilden,
lautete seine Schlussfolgerung: Die Größe der Polizei müsste
eigentlich sinken! Die Zielzahlen wären in keiner Weise
erreichbar.

[25]

 

 

 

 

 

Lothar Rühl stößt in der FAZ vom 28.12.2010
ins gleiche Horn. Er geht davon aus, dass „das alliierte
Programm zum Aufbau und zur Ausbildung der afghanischen
Sicherheitskräfte (Armee und Nationale Polizei) noch immer
weit hinter den ursprünglichen Plänen zurückgeblieben ist.“

 

 

 

 

Also: Entweder ist in Afghanistan ein
Wunder geschehen oder die „optimistischen“ NATO-Zahlen sind
nur darauf zurückzuführen, dass ISAF-Kommandeur Petraeus
bei Amtsantritt im Sommer 2010 den Kommunikationsetat um
100.000 US-$ auf 290.000 US-$ aufgestockt hat

[26]

.

 

 

 

 

Weil es vermutlich mit dem Aufbau der
zentralen Polizeikräfte doch nicht so vorangeht wie behauptet,
wird inzwischen wieder vermehrt auf lokale Milizen gesetzt.
Nachdem die UNO seit 2003 mühselig über 100.000 Waffen von
lokalen Milizen  eingesammelt
hat, wird dieses Programm nun endgültig konterkariert. Bereits
seit 2006 hat der Westen mehrere erfolglose Programme zur
Aufstellung von Milizen versucht, diese dann aber wieder
gestoppt, da die Kontrolle über diese Hilfstruppen in kurzer
Zeit verloren ging. 2010 gibt es nun unter Petraeus einen
erneuten Anlauf, diesmal heißen die Milizen statt „ANAP
= Afghan National Auxiliary Police“ einfach „Dorfstreitkräfte“
(Village Defense Forces)

[27]

.

 

 

 

 

Auch die Bundeswehr vertraut eroberte
Gebiete solchen Hilfstruppen an: „Die Deutschen operieren
heute mit diesen Kämpfern, die ihnen vor kurzem noch Selbstmordattentäter
schickten und sie in Hinterhalte lockten.“

[28]

Wie loyal werden die neuen Verbündeten
auf Dauer sein?

 

 

 

 

Und wie steht es um die Qualität der afghanischen
Hilfstruppen? Die FAZ berichtet in diesem Zusammenhang im
Februar 2010: „Wiederholt kommt es vor, dass Angehörige
der afghanischen Armee für Tage oder Wochen verschwinden
– vor allem im Sommer, wenn die Ernteansteht. Die Abwesenheitsquote
in den Einheiten beträgt mitunter bis zu 40 Prozent, klagt
ein Ausbilder. Als besonders gravierend beschreibt der Soldat
die Korruption in den Sicherheitskräften. So lasse der Geheimdienst
NDS gefangene Taliban gegen Lösegeld laufen, ‚so dass sie
uns auf dem Schlachtfeld schon bald erneut begegnen‘. Immer
bedrohlichere Ausmaße nimmt die Unterwanderung der Sicherheitskräfte
durch Aufständische an. Anfang Februar erschoss in einer
Polizeistation in Mazar-i-Sharif ein Taliban in Polizeiuniform
zwei schwedische Isaf-Soldaten.“

[29]

 

 

 

 

 

Wie die „Übergabe“ an die Afghanen vorankommt,
beleuchtet folgender Zeitungsbericht: „…Beziehungsaufbau
zu den Erwachsenen: Am Morgen hat [US-Oberleutnant] West
eine Ältestenversammlung einberufen, um den Bewohnern des
Dorfes Regi Kalache zu erklären, was die Regierung für sie
tun kann. Leider ist der zuständige Distriktsmanager Mohammad
Tahir nicht gekommen… Und so bleibt dem jungen Mann aus
Ohio nichts anderes übrig, als den afghanischen Staat in
Abwesenheit der Regierung aufzubauen.“

[30]

Die Rekrutierung
örtlicher Milizen als “Polizei” Truppen wird
in der New York Times ernüchternd beschrieben: “NATO’s current
strategy aims to transform many of these militias into local
police forces that would augment the often thin national
police. However, many local Afghan officials worry that
the plan legitimizes the groups, some of which are made
up of little more than thugs, and amounts to putting government
uniforms on gunmen whose real loyalty is to their local
strongman.

 

 

 

 

Sometimes known as “arbekais,” these armed groups
include semiofficial militias organized and paid by the
Afghan intelligence service; others are simply armed gangs
that prowl through villages demanding food, shelter or money.

[31]

”

 

 

 

 

Die “Bedingungen”
für ein Ende des Einsatzes

 

 

 

 

Blickt man auf die Bedingungen, von denen ein
Abzug aus Afghanistan abhängig gemacht wird, dann müssen
zunächst die ursprünglichen Ziele des Krieges in den Blick
genommen werden – und zwar jene Ziele, die für die USA und
ihre Verbündeten ausschlaggebend waren, nicht jene, die
etwa jene vermeintlich “guten Gründe” mit denen mancher
GRÜNE aus einer  „Verantwortungsethik“
seine Zustimmung zu diesem Krieg verband. Denn auch wenn
von der Politik in ihrer “Öffentlichkeitsarbeit” manche
dieser “guten Gründe” aufgegriffen wurden, sie waren – wie
etwa der Kampf um die Rechte der afghanischen Frauen – wie
Verteidigungsminister Guttenberg klarstellte „nachgeschoben“:
„Natürlich ist es unbestreitbar wichtig, dass man Kindern
hilft, dass man Frauen hilft in ihren Rechten und all jenen.
… Aber das waren Gründe, die nachgeschoben wurden.

[32]

Der frühere Außenminister
Joschka Fischer formulierte dasselbe so: „Es gibt so etwas
wie eine pazifistische realpolitische Konsequenz. Wir können
nicht überall humanitär intervenieren, das Elend zwar sehen,
unser Bestes mit endlichen Mitteln versuchen aber nicht
allerorts etwas dagegen tun. Wir sind betroffen; ich meine
das mit tiefem Ernst. Aber wir können nicht überall eingreifen.
Auch das himmelschreiende Unrecht in Afghanistan ist nicht
der hinreichende Grund für die Abwägung aller Möglichkeiten.

[33]

“

 

 

 

 

Was waren nun die Gründe für das militärische
Engagement des Westens?

 

 

 

 

1. Für die USA war der Krieg offiziell eine
Reaktion auf die Anschläge des 11. September 2001, die der
Al Qaida angelastet wurden. Mit den Anschlägen waren nicht
nur über 3000 Menschen getötet worden, es war auch die Verletzbarkeit
der nach dem Kalten Krieg einzigen verbliebenen Weltmacht
demonstriert worden. Von Afghanistan, dem Rückzugsraum von
Al Qaida, sollte keine Gefahr für die USA mehr ausgehen
können. Da das Taliban-Regime der Al Qaida Unterschlupf
gewährt hatte, war ein Regime Change „vonnöten“.

 

 

 

 

Zugleich war der Afghanistankrieg auch eine
Demonstration US-amerikanischer Weltordnungsmacht. Schließlich
ging es für die USA auch darum, eine militärische Präsenz
in Zentralasien zu schaffen, die es zuvor so nicht gegeben
hatte. Die geostrategische Bedeutung Afghanistans ergibt
sich aus seiner Nähe zum Kaspischen Meer und zur Golfregion
(mit jeweils umfangreichen Energievorräten) sowie zur Nähe
Irans. Denn Konstante der US-Politik ist seit 1979 die Feindschaft
zum Iran. Zur Eindämmung des Iran ist das Nachbarland Afghanistan
von strategischer Relevanz.

 

 

 

 

Auch wenn Al Qaida in Afghanistan heute keine
Rolle mehr spielt, ist ein Ende des militärischen US-Engagements
in Afghanistan auf absehbare Zeit ausgeschlossen. Denn dass
die USA auf Dauer die Dinge in die Hände einer Regierung
vom Schlage eines Hamid Karzai legen werden, darf getrost
als völlig ausgeschlossen gelten. Die USA werden wohl kaum
ihre in Afghanistan errichteten Militärstützpunkte aufgeben.
Inzwischen hat die Obama-Regierung den Krieg in Afghanistan
nüchtern bilanziert und kreidet der Vorgängerregierung vor
allem eines an – den fehlenden Sieg. Ein Krieg, an dessen
Notwendigkeit keine Zweifel bestehen (“war of necessity”),
bei dem aber auch nach neun Jahren der Erfolg (Sieg) ausbleibt,
auch so etwas kann als eine Schwäche der US-amerikanischen
Nation aufgefasst werden, denn der Krieg in Afghanistan
ist für US-Präsident Obama “ein andauernder Test für die
Führungskraft der USA in der Welt sind” (“an enduring test
of .. our leadership in the world”). Deshalb hatte die Obama
Regierung zweierlei korrigiert: Die eingesetzten Mittel
wurden militärisch und zivil deutlich erhöht und gleichzeitig
die Ziele reduziert.

 

 

 

 

 

2. Für Deutschland hatte die Beteiligung am
Krieg andere Gründe. Zwar wird auch von der deutschen Regierung
gebetsmühlenartig der Kampf gegen den Terrorismus betont.
Kanzlerin Merkel: “Der berühmte Satz unseres früheren Verteidigungsministers
Peter Struck bringt das für mich auf den Punkt. Er sagte
vor Jahren: Die Sicherheit Deutschlands wird auch am Hindukusch
verteidigt

[34]

“. Andererseits weiß auch die Bundesregierung,
dass eine Gefahr durch AlQaida in Afghanistan kaum gegeben
ist. Entsprechend heißt es im “Fortschrittsbericht”: “Im
Vergleich zu den Aktivitäten der Taliban sind die Aktionen
von AlQaida (AQ) in Afghanistan inzwischen weniger bedeutend….das
entschlossene Vorgehen gegen das Terrornetzwerk AlQaida
in Afghanistan” habe “die unmittelbare Gefahr weltweit zunächst
gebannt. Insofern war das internationale Engagement bisher
erfolgreich. Die Taliban wollten wieder zu ihrer afghanischen
Identität und nach Afghanistan zurückkehren; die Unterstützung
des Terrornetzwerks AlQaida vor den Anschlägen vom 11. September
2001 sei längst als schwerer Fehler erkannt worden.” Unter
dem Gesichtspunkt der Terrorbekämpfung macht auch aus Sicht
der Regierung der Krieg in Afghanistan immer weniger Sinn.

 

 

 

 

Für Deutschland hatte der Krieg vor allem bündnispolitische
Gründe: wenn die USA sich nach dem 11. September daran machten,
die Welt zu ordnen, dann musste Deutschland dabei sein,
wollte man nicht “irrelevant” sein. Bekanntlich beschloss
die NATO den Bündnisfall nach dem 11.September in der Erwartung,
der Krieg würde von den USA als Bündniskrieg geführt. Die
USA verzichteten 2001 bei Beginn des Krieges auf die NATO,
es war federführend Deutschland, das ISAF zur NATO-Sache
machte, um auf diese Weise den Krieg als Bündniskrieg, also
unter Mitsprache der EU und damit Deutschlands zu führen.
Ohne die USA kommt ein Ende der Beteiligung Deutschlands
deshalb gleichfalls nicht in Betracht. Merkel: “Wer deshalb
heute den sofortigen, womöglich sogar alleinigen Rückzug
Deutschlands unabhängig von seinen Bündnispartnern aus Afghanistan
fordert, der handelt unverantwortlich….die Folgen für
die internationale Gemeinschaft und ihre Bündnisse, in denen
wir Verantwortung übernommen haben, und für unsere eigene
Sicherheit wären unabsehbar. Die internationale Gemeinschaft
ist gemeinsam hineingegangen; die internationale Gemeinschaft
wird auch gemeinsam hinausgehen.” Freilich ist die Bedeutung
des Afghanistankrieges als Zeichen der Bündnistreue gesunken,
da “in den letzten Monaten immer mehr ISAF-Partnerstaaten
eine Abzugsperspektive für ihre Truppenpräsenz entwickelt
haben” wie es die SPD in ihrem Positionspapier formuliert.
Und Frithjof Schmidt erinnerte in seiner Antwort auf die
Regierungserklärung Westerwelles am 16.12.2010 gleichfalls
daran: “Unser westlicher Nachbar, die Niederlande, hat seine
Armee bereits weitgehend nach Hause geholt. Polen, unser
östlicher Nachbar, hat erklärt, seine Truppen in den kommenden
zwei Jahren abzuziehen. Italien, der viertgrößte Truppensteller,
will von 2011 bis 2014 den Abzug vollziehen. Und Schweden,
mit dem wir gemeinsam im Norden Afghanistans engagiert sind,
hat parteiübergreifend beschlossen, zwischen 2012 und 2014
stufenweise abzuziehen.”

 

 

 

 

Doch Deutschland will eigenständiger Bündnispartner
sein, nicht Hilfstruppe der USA. Inzwischen ist wenig geblieben
von einer eigenständigen Rolle Deutschlands, das sich in
Afghanistan gern als die “andere Ordnungsmacht” präsentierte,
die im Norden Afghanistans Frieden schafft und Brunnen baut
und nicht wie die USA im Süden des Landes Hochzeitsgesellschaften
bombardiert. Mittlerweile ist das eingetreten, was Wolfgang
Ischinger, bei Teilen der GRÜNEN hoch geschätzter Beamter
des Außenministeriums in rot-grünen Zeiten und heute Chef
der Münchener Sicherheitskonferenz im Jahr 2009 befürchtete:
„Die Provinz Kundus ist mit den gegenwärtig verfügbaren
Kräften nicht mehr in den Griff zu kriegen. Der von den
Taliban geführte Aufstand im deutschen Verantwortungsbereich
im Norden breitet sich aus. Mangels Truppen kann Isaf die
Bevölkerung kaum schützen. Um Kundus zurückzugewinnen, müssen
die militärischen Kräfte deutlich verstärkt werden. Wenn
wir in den nächsten Wochen und Monaten keine nachhaltige
Anstrengung machen, wird allenfalls eine großangelegte Intervention
amerikanischer Truppen die Lage im Norden beruhigen können.
Die Folgen hiervon wären ein Reputationsverlust Deutschlands
in der Nato, die weitere Amerikanisierung der gesamten Isaf-Operation
und ein faktischer Verlust der deutschen Rolle im Norden.
Mit anderen Worten: ein Debakel

[35]

.“ Heute sind im Norden Afghanistans mehr US-amerikanische
Truppen als deutsche. Und seit dem Massaker vom 4.9.2009
am Kunduzfluss ist es auch vom “zivilen” Bild des deutschen
Militärs wenig übrig geblieben.

 

 

 

 

Der Erfolg ist Definitionssache

 

 

 

 

Seit fast zehn Jahren wird in Afghanistan Krieg
geführt, seit fast zehn Jahren sterben Menschen in diesem
Krieg. Aber wann ist der Krieg aus Sicht der Kriegsführenden
erfolgreich und kann beendet werden? Äußere Kennzeichen
für einen ”Sieg” gibt es nicht, eine Hauptstadt der Taliban
kann man nicht mehr erobern. Wann soll ein Zustand erreicht
sein, bei dem man sagen kann: „Die Ziele sind erreicht.“?
Wenn die afghanische Armee und Polizei eine bestimmte Stärke
erreicht hat? Reale Stärke oder Propagandastärke? Aber was
sagen Zahlen über die Stärke der Polizei überhaupt aus?
Was nützt eine Polizei, die das Land nicht kontrollieren
kann? Die Unkontrollierbarkeit des Landes ist bekanntlich
entscheidender Faktor dafür, dass Afghanistan Weltmarktführer
im Rauschgifthandel ist – und nicht so sehr die klimatischen
Verhältnisse. Wäre deshalb eine gesunkene Jahresproduktion
von Opium in Afghanistan vielleicht der bessere Indikator
für einen Erfolg der NATO? Oder vielleicht die gesunkene
Zahl der Selbstmordattentate? Oder ist der Sieg dann da,
wenn die Zahl der Gefallenen der NATO sinkt, statt wie jedes
Jahr weiter zu steigen?
Oder ist der Sieg da, wenn Osama Bin Laden festgenommen
wird? Oder etwa dann, wenn Talibanführer Mullah Omar in
eine Koalitionsregierung eintritt? Der Sieg bzw. die „Erfüllung“
der Bedingungen für einen Abzug sind offenbar Definitionssache
von dem, der die Definitionsmacht hat. Gestehen wir diese
der NATO zu, müssen wir feststellen, dass sie keine klaren
Maßstäbe ausgegeben hat, sondern die Lage nach Gutdünken
beurteilt. Wer (wie eine deutsche Oppositionspartei) selbst
nicht die Definitionsmacht besitzt, aber trotzdem die Erfüllung
von Bedingungen zur Voraussetzung eines Abzugs macht, diese
aber nicht präzise definiert, der knüpft den Abzug nicht
an ein objektiv feststellbares Ereignis, sondern an eine
subjektive Definition Anderer.

 

 

 

 

Vor diesem Hintergrund ist das Datum 2014 letztlich
völlig willkürlich oder zumindest genauso willkürlich wie
die Einschätzung der Bundesregierung, dass 2011 das „Wendejahr“
im Afghanistankrieg würde.

 

 

 

 

Wenn die GRÜNEN Kritikpunkte richtig sind und
die Aufwuchszahlen für die afghanischen Sicherheitskräfte
nur auf dem Papier stehen, warum und wie sollte sich 2011-2013
die Lage in Afghanistan entscheidend verbessern? Wer 2013
auf dem Abzugsende 2014 beharrt, ist in exakt der gleichen
Situation wie der, der heute (Anfang 2011) den Abzug in
2011 vollendet sehen will.

 

 

 

 

Was soll also die Laufzeitverlängerung des Afghanistankrieges
bzw. der Bundeswehrbeteiligung daran um weitere vier Jahre?
Sie macht praktisch nur deshalb Sinn, weil die NATO beschlossen
hat, bis 2014 mit Kampftruppen in Afghanistan zu bleiben
und für Deutschland eine machtpolitische Perspektive in
der Welt (anders als für die USA) jenseits der NATO nicht
in Sicht ist. Deshalb bleibt die Fortsetzung der Beteiligung
der Bundeswehr am Afghanistankrieg für all jene alternativlos,
für die die Beachtung der jeweiligen NATO Beschlusslage
Ausweis der „Realitätstüchtigkeit“ der eigenen Politik ist.

 

 

 

 

 

 

Die Szenarien bis 2014

 

 

 

 

Wahrscheinlich sind diese Szenarien:

 

 

1)

Szenario
„Irak“: Wie angekündigt werden die westlichen Hauptkräfte
bis 2014 abgezogen; wie im Irak verbleiben aber einige zehntausend
Truppen. Der Krieg geht auf niedrigerem Niveau weiter, parallel
bemüht sich die NATO um ein Abkommen zur eigenen Gesichtswahrung,
denn die ursprünglich verfolgten Regime-Change-Ziele werden
aufgegeben. Konsequenz für die Bundeswehr: Sie bleibt in
etwas reduzierter Anzahl über das Jahr 2014 stationiert.

 

 

2)

Szenario
„Vietnam“: Die „Lage“ lässt den Abzug ab 2011 nicht zu.
Also geht der Krieg in unverminderter Härte weiter. Ab 2017
zieht der Westen dann doch in Schimpf und Schande ab, wie
die USA in Vietnam. Das Karzai-Regime fällt wenige Monate
nach dem Abzug. Die Bundeswehr würde ebenfalls bis zum bitteren
Ende bleiben.

 

 

3)

Szenario
„Paschtunistan“: Die NATO gibt ab 2011 die ländlichen Gebiete
auf und zieht sich in die wichtigsten Städte zurück; außerdem
wird der Norden gehalten. Einzelne Länder klinken sich aus,
andere stocken auf. Auch die Bundeswehr wird verstärkt,
da der Norden gehalten werden soll. Entsprechend geht der
Einsatz bis zum St.Nimmerleinstag weiter. Es kommt zu einer
faktischen Teilung des Landes: Die Aufständischen übernehmen
die paschtunischen Gebiete, aber Kabul und der Norden bleiben
weiter Karzai-regiert, auch wenn periodisch  Verhandlungen über gemeinsame Regierung stattfinden.
[Auch im Irak war vor 2003 der kurdisch besiedelte Norden
jahrelang faktisch abgespalten.] Konsequenz für die Bundeswehr:
Da der Norden unter deutschen Kommando steht, bleibt die
Bundeswehr auf Dauer in Afghanistan stationiert.

 

 

 

 

Ein militärischer und politischer Fortschritt
der NATO ist auch deswegen höchst unwahrscheinlich, weil
die Anwesenheit und das Agieren der NATO-Truppen nicht stabilisierend
wirkt, sondern vielmehr den Aufstand anfacht. Der ehemalige
UN-Gesandte für Afghanistan, Kai Eide, bemerkt hierzu: „…die
Taliban werden sich nicht in einen demütigenden Dialog zwingen
lassen; und außerdem wird noch mehr Gewaltanwendung zu weiteren
Rekrutierungen von Aufständischen führen.“

[36]

Anders ausgedrückt: Die NATO ist Teil des Problems,
nicht der Lösung. Erst recht, wenn es eigentlich um sie
selbst geht, wenn sie „nicht als geschlagene Allianz vom
Hindukusch abziehen“

[37]

darf. Um es mit Obama auszudrücken: „Jetzt
müssen wir zusammenstehen, um diesen Krieg erfolgreich zu
beenden. Auf dem Spiel steht nicht nur die Glaubwürdigkeit
der NATO, sondern die Sicherheit unserer Alliierten und
die kollektive Sicherheit der Welt.“ (Obamas West Point
Rede 2.12.2009)

 

 

 

 

Folglich täten die GRÜNEN gut daran, dem Afghanistan-Krieg
keine Laufzeitverlängerung bis 2014 zu gewähren. Außerdem
sollte die Partei sich außerparlamentarisch wie gegen die
Laufzeitverlängerung bei den AKWs engagieren. Die friedenspolitisch
alternativlose Forderung lautet: Vollständiger Abzug der
westlichen Truppen und damit auch der Bundeswehr bis zum
afghanischen Unabhängigkeitstag am 19.August 2011

[38]

!

 

 

 

 

Hamburg / Münster 2.Januar 2011

 

 

 

 

Kontakt:

 

 

Uli Cremer 0160 / 81 21 622 – cremer@gruene-friedensinitiative.de

 

 

Wilhelm
Achelpöhler 0171 / 17 17 392 – achelpoehler@gruene-friedensinitiative.de

 

 

www.gruene-friedensinitiative.de

 

 

 

 

 

 


[1] Bundestagsdebatte 16. Dezember 2010
Plenarprotokoll 17/81 S. 8909

 

 

 

[3] Spiegel online http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,736343,00.html

 

 

[4] Bundestagsdebatte 16. Dezember 2010
Plenarprotokoll 17/81 S. 8909

 

 

[5] Fortschrittsbericht Afghanistan zur
Unterrichtung des Bundestages, Dezember 2010, S.34

 

 

[6] Spiegel online http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,736343,00.html

 

 

[7] FAZ 28. Januar 2010, http://www.faz.net

 

 

[8]http://www.spd.de/aktuelles/News/6722/20101207_spd_afghanistan_konferenz_livestream.html

 

 

[9] Dradio 28.12.2011 http://www.dradio.de/nachrichten/201012281500/4

 

 

[10] http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,707564,00.html

 

 

[11]http://www.gruene.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/BDK09/BDK_Rostock_Final/F%C3%BCr_eine_verantwortliche_Afghanistanpolitik.pdf

 

 

[12]http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/moeglichst-schnell-moeglichst-konkret/
taz 26.12.10

 

 

[13] Spiegel online 23.12.10 http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,736343,00.html

 

 

[14] Münchener Merkur 29.12.10 http://www.merkur-online.de/nachrichten/politik/gruene-fordern-stufenplan-afghanistan-abzug-1062916.html

 

 

[15] tagesschau.de 1.12.2006

 

 

[16]http://www.gruene-partei.de/cms/default/dokbin/159/159978.gruene_friedenspolitik_umsetzen_fuer_ein.pdf

 

 

[17]http://www.gruene-partei.de/cms/default/dokbin/197/197532.militaerische_eskalation_ist_keine_loesu.pdf

 

 

[18]

http://icasualties.org/oef/

 

 

[19] „Merkel spricht von Krieg in Afghanistan“,
tagesspiegel 19.12.2010

 

 

[20]http://www.nytimes.com/2010/12/16/world/asia/16kunduz.html

 

 

[21] Fortschrittsbericht, S.21

 

 

[22] http://www.isaf.nato.int/images/stories/File/factsheets/1667-10_ANSF_LR_en2.pdf  – selbst am 19.12.2010 noch wieder aufgefunden

 

 

[23] Ebenda

 

 

 

[24] Ebenda

 

 

 

[25] Bob Woodward: Obama’s
Wars, London 2010, S.226

 

 

 

[26] „Die Spannung ist aus den Gesichtern
gewichen“, FAZ 9.11.2010

 

 

[27] Vergl. hierzu: Hilfspolizisten, Schutzkräfte,
Dorfschützer – Die Bewaffnung afghanischer Milizen; http://imi-online.de/download/JS-AUSDRUCK-AfghMilizen.pdf

 

 

[28] Marco Seeliger: Im permanenten Kriegseinsatz,
FAZ 18.10.2010

 

 

[29] Marco Seliger: Rotwein für die afghanischen
Kameraden, FAZ 16.02.2010, S.3

 

 

[30] Friedericke Böge: In Vertretung der
abwesenden Regierung, in: FAZ 19.11.2010

 

 

[31]http://www.nytimes.com/2010/12/16/world/asia/16kunduz.html

 

 

[32] http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2010/02/12/drk_20100212_1907_a3249873.mp3

 

 

[33] http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/14/14198.pdf

 

 

[34]http://www.bundestag.de/dokumente/protokolle/plenarprotokolle/17037.pdf

 

 

[35]Wolfgang Ischinger / Timo Noetzel: Afghanistan
darf nicht scheitern, FAZ 12.10.2009

 

 

 

[37] Günther Nonnenmacher: Letzte Hoffnung
in Afghanistan, FAZ 17.12.2010

 

 

[38] Der Nationalfeiertag geht auf die Unabhängigkeit
von Britannien 1919 zurück.

 

 

 

 

Kontakt:

Uli Cremer 0160 / 81 21 622
cremer@gruene-friedensinitiative.de

 

Wilhelm Achelpöhler 0171 / 17 17 392
achelpoehler@gruene-friedensinitiative.de

 


 

 

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