Türkei und Syrienkrieg: Lücken in der deutschen Kritik

Uli Cremer (9.3.2016)

Es ist ja keineswegs so, dass hierzulande keine Kritik an der türkischen Regierung geübt würde. Über die Ausschaltung oppositioneller Medien und die Verfolgung politischer GegnerInnen durch die Erdogan-Regierung wird berichtet und verlangt, dass das bitte sehr bei nächster Gelegenheit mal angesprochen werden müsse. Auch der im Südosten seit Monaten tobende Bürgerkrieg wird nicht totgeschwiegen. Aber all das hat keinerlei Konsequenzen im Regierungshandeln. Es fällt auch auf, dass im politischen Mainstream nicht – wie in anderen Fällen – nach Sanktionen gerufen wird, um dem Treiben der türkischen Regierung Einhalt zu gebieten.

Die „Geopolitik“ verlangt offenbar doppelte Standards.

Syrien: Störfeuer gegen Feuerpause und Kerrys Plan B

Uli Cremer (26.2.2016)

Je einiger sich Russland und USA im Syrienkonflikt werden, desto größer werden die Spannungen zwischen Washington und Ankara, das sich immer mehr zu dem Hauptstörfaktor für eine Feuerpause und eine politische Lösung entwickelt. Auch das Verhältnis zwischen oppositionellen Rebellenmilizen und Washington verschlechtert sich. Der von US-Außenminister Kerry am 23.2.2016 ins Gespräch gebrachte Plan B ist vermutlich nicht nur Ausdruck des Misstrauens gegen die Assad-Regierung und Russland sondern auch Reaktion auf das Störfeuer aus dem eigenen Lager.

Syrienkrieg, Türkei und Kurdenstaat

Uli Cremer / Wilhelm Achelpöhler (10.2.2016)

Kaum hatten sie begonnen, sind die Genfer Gespräche zur Lösung des Syrienkonflikts schon wieder unterbrochen. Hierzulande wird wie üblich Russland die Schuld gegeben. Denn das Assad-Regime habe parallel zu den Verhandlungsbemühungen in Genf mit Hilfe der russischen Luftwaffe eine neue Militäroffensive gestartet. Und zwar wieder gegen die „Falschen“, also die mit dem Westen befreundeten Rebellen statt gegen den IS.

Syrien? It’s the Bündnisraison, Stupid!

Syrien? It’s the Bündnisraison, Stupid!

Von Uli Cremer und Wilhelm Achelpöhler (8.12.2015)

Es ist ein Missverständnis, dass es bei dem am 4.12.2015 vom Bundestag beschlossenen Bundeswehrmandat um Syrien geht. Wie bei früheren Entscheidungen zu Kriegsbeteiligungen sind vor allem Bündnis-Belange die Antriebsfeder. So wie Kanzler Schröder 2001 der Bush-Regierung die „uneingeschränkte Solidarität“ zusicherte und Deutschland anschließend in den Afghanistankrieg hineinführte, geht es 2015 um die Solidarität mit der französischen Regierung, der Kanzlerin Merkel „jedwede Unterstützung“ versprach.

Bundeswehr-Mandat: Über 300 Grüne fordern ihre Abgeordneten auf, mit NEIN zu stimmen

Medienerklärung 03.12.2015 (Update)

Über 300 Grüne Mitglieder fordern in einem Aufruf die GRÜNEN Abgeordneten auf, »im Bundestag gegen den Antrag der Bundesregierung zum »Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation sogenannter „Islamischer Staat“ (IS)«, also mit NEIN zu stimmen«. Der politische Druck durch den Aufruf ist besonders relevant, weil bereits einige GRÜNE Abgeordnete angekündigt haben, mit der Bundesregierung zu stimmen oder sich lediglich zu enthalten.

»Nein!« zum »Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation sogenannter „Islamischer Staat“ (IS)«

»Nein!« zur Bundeswehr-Mission im Rahmen der Neuauflage des »Krieges gegen den Terror«

(1.12.2015)

Wir fordern die GRÜNEN Abgeordneten auf, im Bundestag gegen den Antrag der Bundesregierung zum »Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation sogenannter „Islamischer Staat“ (IS)« zu stimmen.

Syrienkrieg: Der neue Interventionsfundamentalismus

Von Uli Cremer (20.09.2015, aktualisiert 29.9.2015)

Verrückt: Einmal mehr muss man den deutschen Außenminister Steinmeier gegen Stimmen aus den „Leitmedien“ und aus der GRÜNEN-nahen Böll-Stiftung in Schutz nehmen, deren RepräsentantInnen unermüdlich zu einer westlichen Militärintervention in Syrien aufrufen. Zuweilen wird sogar eine Zusammenarbeit mit dem syrischen Ableger der Al Qaida, Al Nusra, akzeptiert!

Containment-Politik durch EU-Beitrittsangebote?

Sava Stomporowski / Uli Cremer (26. Mai 2015)

Die Östliche Nachbarschaftspolitik der EU ist offensichtlich gescheitert: Von den sechs Ländern, die an die EU angebunden werden sollten, haben nur drei ein Assoziationsabkommen mit der EU abgeschlossen und werden entsprechend als „In-Länder“ bezeichnet: Georgien, Moldawien und die Ukraine. Dort war das Assoziationsabkommen 2013/2014 sogar der Ausgangspunkt für das Auseinanderbrechen des Staates, Bürgerkrieg inklusive. Von den drei anderen Kandidaten, den „Out-Ländern“ haben sich zwei (Armenien und Weißrussland) der Eurasischen Union angeschlossen, aber auch Aserbaidschan konnte bisher nicht für die EU-Einflusszone gewonnen werden.

Syrien: Merkel überschreitet rote Linie und US-Regierung wählt sich neuen Sicherheitsrat

Von Uli Cremer

Nein, die Merkel-Regierung hat natürlich kein Giftgas eingesetzt. Doch sie hat – nach anfänglichem Zögern – das „Joint Statement on Syria“ unterstützt. Und stellt man sich das Völkerrecht als rote Linie vor, so hat die Regierung Merkel diese Linie am 7.9.2013 überschritten. Denn die Unterzeichner des besagten Dokuments „unterstützen die Anstrengungen der Vereinigten Staaten und anderer Staaten zur Gewährleistung des Verbots chemischer Waffen“. Das ist nichts Anderes als ein politischer Blankoscheck, ein Vorratsbeschluss für einen militärischen Angriff auf Syrien, ausgeführt von einer US-geführten Koalition der Willigen. Denn einen solchen Angriff hat US-Präsident Obama angekündigt, auch wenn er dazu noch das parlamentarische Votum einholen möchte. Ihr gestörtes Verhältnis zum Völkerrecht hatte Merkel bereits 2003 bei ihrer politischen Unterstützung für den Irakkrieg der Bush-Regierung zu Protokoll gegeben. Ende August 2013 lautete die Position: „Deutschland kann sich an Militäreinsätzen im übrigen nur mit einem Mandat der Vereinten Nationen, der Nato oder der EU beteiligen.“ (Zeitonline 31.8.2013) Da es von keiner der drei Organisationen einen Beschluss gibt, reiht sich Merkel lediglich in eine Koalition der Willigen ein. Denn selbst das EU-Statement von Vilnius enthält keine Passage à la „Anstrengungen der Vereinigten Staaten“ – auch wenn US-Außenminister Kerry es „strong“ nennt. Fehlt nur noch, dass auch noch deutsche Raketen und Bomber angeboten werden.