Afghanistan: Der erste Landkrieg der NATO

Ostern 2008

US Außenminister Gates brachte es auf der Sicherheitskonferenz im Februar 2008 in München auf den Punkt: die Mission in Afghanistan ist “eine nie zuvor da gewesene. Sie ist der erste Bodenkrieg der NATO und unterscheidet sich drastisch von allem, was die NATO bisher geleistet hat.” Diesen Krieg führt die NATO inzwischen in ganz Afghanistan, seit der zunächst auf Kabul und dann auf den Norden Afghanistans beschränkte ISAF Einsatz auf das gesamte Land ausgedehnt und der NATO unterstellt wurde. Erstmals in Afghanistan ist die NATO zum Instrument des Anti-Terror-Kriegs der USA geworden. Eine solche Indienstnahme der NATO hatte es seit 2001 trotz der Feststellung des Bündnisfalles durch die NATO nach dem 11. September nicht gegeben. Vor diesem Hintergrund haben die USA einen großen Teil ihrer Truppen dem NATO Kommando der ISAF unterstellt, gleichzeitig wachsen die militärischen Anforderungen der USA an die NATO-Mitglieder.

59 000 Soldaten der NATO Staaten sind inzwischen in Afghanistan im Einsatz. Die Zahl der Soldaten ist ständig gestiegen. 2002 waren lediglich 12.000 Soldaten im Land, davon 8.000 unter OEF-Flagge und 4.000 unter ISAF. Die Zahl der Soldaten hat sich also seitdem fast verfünffacht. Die Sowjetunion hatte in den 80er Jahren knapp über 100.000 Soldaten in Afghanistan im Einsatz.

Ein Ende des Krieges ist nicht absehbar: Der SPD Fraktionsvorsitzende Peter Struck und der SPD Vorsitzende Kurt Beck sprachen unlängst von “noch 10 Jahren”. Andere, wie Willy Wimmer von der CDU, der den Afghanistan-Militäreinsatz ablehnt, befürchten eine Dauer von 40 Jahren. Die grüne MdB Kerstin Müller schätzt die Dauer des Militäreinsatzes auf 20 Jahre.

Die Bundeswehr kämpft mit

Längst führt auch die Bundeswehr in Afghanistan Kampfeinsätze durch. Im Rahmen der Operation “Harekate Jolo II” machte die Bundeswehr im Herbst 2007 aktiv Jagd auf Aufständische, 200 Bundeswehrsoldaten waren beteiligt. “Die deutsche Beteiligung an einer solchen Offensive, wie sie bislang überwiegend im Süden Afghanistans durchgeführt wurden, (…) wird (…) vom Verteidigungsministerium und von der Bundeswehr nicht gerne erwähnt: Ein aktiver Kampfeinsatz, und sei er nur in der Rolle technischer Unterstützer, passt nicht in das Bild der Freunde und Helfer, das die Bundesregierung gerne vom Einsatz am Hindukusch vermittelt.” (focus 8.11.07).

Immer mehr Soldaten

Und es sollen noch mehr Soldaten nach Afghanistan geschickt werden. Nachdem schon in der Vergangenheit die Zahl der deutschen Soldaten in Afghanistan alljährlich erhöht wurde, wird schon die nächste Erhöhung des Bundeswehrkontigents angekündigt.

Die Bundeswehr soll demnächst die Schnelle Eingreiftruppe (QRF) der im Norden Afghanistans operierenden ISAF Truppen übernehmen. Die Eingreiftruppe führt auch im Norden Afghanistans Kampfeinsätze durch. In der Letzlinger Heide bei Magdeburg übt die Bundeswehr den Kampfeinsatz in Afghanistan. Ab Sommer dieses Jahres sollen die Bundeswehrsoldaten in der schnellen Eingreiftruppe kämpfen.

Deutschland: Gehversuche einer Ordnungsmacht

Die Neue Züricher Zeitung analysiert das wachsende Engagement Deutschlands: Im letzten Jahr verlegte man sechs Tornado Aufklärungsflugzeuge nach Afghanistan, in diesem Jahr disloziert man als Ablösung für norwegische Kräfte rund 200 Fallschirmjäger als schnelle Eingreiftruppe in Nordafghanistan. Obwohl diese Schritte von langer Hand im Verteidigungsministerium geplant worden sind, erhält man jedes Jahr die Fiktion aufrecht, Deutschland reagiere nur auf Anfragen aus dem Nato Hauptquartier. Auch diesmal sagte Minister Jung, man werde die Bitte um Ablösung der Norweger prüfen und danach entscheiden. Denn die Politik der Bundesregierung steht vor einem mehrfachen Dilemma: Sie hat sich im „Weißbuch zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr“ auf den Umbau der Bundeswehr von einer klassischen Abschreckungs und Verteidigungstruppe zur Interventions und Angriffsarmee mit globalem Auftrag festgelegt. Es brauche eine weltweit agierende Bundeswehr um den globalen Herausforderungen, vor allem der Bedrohung durch den internationalen Terrorismus und die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen zu begegnen, das Ziel der Stärkung der internationalen Ordnung zu erreichen sowie last not least den „freien und ungehinderten Welthandel als Grundlage unseres Wohlstands“ zu sichern. Zu einer eigenständigen Weltordnungspolitik ist Deutschland weder allein, noch im EU Militärbündnis in der Lage, da sich die europäischen Einsatzverbände noch im Aufbau befinden. Damit sind die EU und auch Deutschland militärisch auf die Zusammenarbeit mit der Militärmacht Nr. 1 – den USA- im Rahmen der NATO angewiesen, sehen sich in der NATO aber den Forderungen der USA nach Indienstnahme für deren Ziele im Krieg gegen den Terror ausgesetzt.

Pazifismus als Problem?

Getreu dem Motto das Maß der Mitbestimmung richtet sich nach dem Maß des Mitwirkens setzt die Bundesregierung auf den Ausbau des militärischen Engagements gleichzeitig trifft sie auf die wachsende Ablehnung eines militärischen Engagements in der Bevölkerung. Die NZZ kommentierte dies treffend so: da der Einsatz in Afghanistan unpopulär ist und die Bevölkerung als Reaktion auf die deutsche Geschichte ohnehin zu einem emotionalen Pazifismus neigt… nährt die Regierung die AFiktion, die Berliner Politik werde gleichsam gegen ihren Willen zu einer aktiven Aussenpolitik gezwungen(5.2.2008). Wir sehen es genau umgekehrt wie die Bundesregierung: Die weit verbreitete Wehrunwilligkeit der deutschen Bevölkerung, ihr emotionaler Pazifismus ist einer ihrer freundlichsten Züge und sollte als Exportartikel genutzt werden.

Vorbild Schweiz

Die Schweiz zeigt, dass es auch anders geht und hat ihre Soldaten am 1.3. 2008 aus Afghanistan zurückgezogen. Sie waren bei der Bundeswehr in Kunduz tätig. Das Verteidigungsministerium der Schweiz begründet dies wie folgt: Grund für diesen Entscheid sind die Veränderungen der Lage und der Natur des Einsatzes der International Security and Assistance Force in Afghanistan (ISAF) seit der Beschlussfassung vor vier Jahren. Die friedenserhaltende Unterstützungsoperation hat sich im südlichen Teil Afghanistans schrittweise in eine Operation zur Bekämpfung der Aufständischen verwandelt. Auch dort, wo die Aufständischen erst vereinzelt aktiv sind, kann der Auftrag wegen der nötig gewordenen Selbstschutzmassnahmen der Truppe kaum mehr wirksam erfüllt werden. In den Gebieten, in welchen die Taliban wieder erstarken, ist die Wiederaufbauarbeit weitgehend unmöglich.http://www.vbs.admin.ch

Nehmen wir uns die Schweiz zum Vorbild!
Ziehen wir die NATO Soldaten aus Afghanistan ab.

Die Grüne Friedensinitiative ist ein Zusammenschluss von Mitgliedern von Bündnis 90/Die Grünen. Sie möchte das friedenspolitische Erbe der Grünen bewahren und die zahlreichen innerhalb der GRÜNEN entstandenen friedenspolitischen Ideen und Konzepte aufgreifen und weiterentwickeln. Sie ist Teil der Friedensbewegung.

Ostern 2008
Kontakt und V.i.S.d.P.:
www.gruene-friedensinitiative.de
Uli Cremer, Wilhelm Achelpöhler Staufenstrasse 39 48145 Münster

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